PORTRAIT
«Kein Eindruck ist der Baum, kein Spiel meiner Vorstellung, kein Stimmungswert, sondern er leibt mir gegenüber und hat mit mir zu schaffen, wie ich mit ihm – nur anders. Man suche den Sinn der Beziehung nicht zu entkräften: Beziehung ist Gegenseitigkeit. So hätte er denn ein Bewusstsein, der Baum, dem unsern ähnlich? Ich erfahre es nicht. (...) Mir begegnet keine Seele des Baums und keine Dryade, sondern er selber.»

Martin Buber

Baum | Holz | Handwerk | Werkhülz | Kunstwerk
Das Bearbeiten von Holz ist so alt wie die Geschichte des Menschen.

Die Skulpturen von Werkhülz führen uns in eine zeitlose Ursprünglichkeit, die dennoch ihre Kraft aus dem Hier und Jetzt bezieht. Gespür für das Material Holz und die erforderliche Technik
lernte Werkhülz vom Vater und später in der Ausbildung zum Kunstpädagogen. Wenn man auf die Herkunft der Hölzer schaut, so spiegelt sich die Vielseitigkeit und Flexibilität im Leben des Künstlers. Er findet unterschiedliche Hölzer an diversen Orten – oder besser gesagt, die Hölzer scheinen ihn zu finden an dem Ort, an welchem er sie auch bearbeitet: Linde im Berner Oberland
und im Spessart, Birke und Pappel in Norwegen, sowie Ölbaum in Assisi. Die dargestellten Sujets entstehen während des Schaffensprozesses, in Auseinandersetzung mit dem vorgefundenen
Material. Im Gespräch zwischen Künstler und Material
schälen sich die Figuren heraus, als ob sie vorher im Holz verborgen gewesen wären. Für Werkhülz ist das zentrale Thema seines Schaffens die menschliche Gestalt. »Das einzige Thema, wofür es sich lohnt zu arbeiten, ist die menschliche Gestalt. Alles
andere wäre Zeitverschwendung.« Werkhülz Das lebendige Material Holz mit seiner Eigendynamik von Trocknen und Reißen tritt in Dialog mit der menschlichen Gestalt: Dieses »Gespräch« kann durchaus auch zum Kampf auswachsen, wenn ein Gesicht im Holz so stark ist, dass es der Vorstellung des Künstlers widerspricht.
Der Kopf des »Schwarzen Engels« Opus 12 war durch die Struktur des Holzes schon da, er forderte den Künstler zur Auseinandersetzung heraus, ebenso das Schwarz der Unterrinde.
Zum »Engel« wurde die Skulptur erst hinterher. Beinahe alle Titel findet der Künstler erst, wenn das Werk beendet ist. Im »Gesicht ruhend« Opus 26 gestaltet sich der Riss im Holz zur Falte oder konkret zum »Einschlag von oben«. Eine technische Notwendigkeit im Umgang mit dem Material Holz stellt manchmal
den Anfang eines neuen Themas dar: bei »F1« Opus 16 und »C1« Opus 15 war es das Absperren des nassen Holzes, welches zu dem querliegenden Kopf führte, der eine gleichsam schmerzhafte Spannung zur Eigendynamik des Holzes bildet. Der Schaffensprozess – wie Werkhülz ihn versteht – ist ein Dialog
zwischen Natur und Kultur, zwischen dem gewachsenen Holz und dem Gestaltgebenden, eine Auseinandersetzung zwischen
Konkretem und Ideellem, zwischen Material und Vision. Die Skulpturen sprechen eine gleichsam archaische Sprache, sie haben etwas Zeitloses schon immer da Gewesenes und sind dennoch heute aktuell.

Tanja Jorberg
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